Virtueller Rundgang "Geschichte rund um das ehemalige Luisenbad"
Die Wiege des Stadtteils Gesundbrunnen
Die Organisator/innen des Panke Parcours haben aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr entschieden, diese
Veranstaltung größten-teils im Internet stattfinden zu lassen.
Auch ich habe mich aus diesem Grund dafür entschieden, einige meiner historischen Kiez-führungen als virtuelle Führungen im Internet anzubieten.
Hiermit möchte ich Sie und Euch zum virtuellen Rundgang "Geschichte rund um das ehemalige Luisenbad" einladen.
Er enthält alle Stationen des Rundgangs, den ich bisher bereits beim Panke Parcours angeboten habe.
Vielleicht möchten Sie ja auch den einen oder anderen Ort ja beim täglichen Gesundheitsspaziergang in natura sehen.
Viel Spaß und bleiben Sie gesund!
Ihre Diana Schaal
Die Panke-Mühle
finden Sie in der Badstraße 40a, 13357 Berlin.
Wenn man von der Badstraße in die Travemünder Straße einbiegt, sieht man sie auf der anderen Seite der Panke.
Das erste und lange Zeit einzige Gebäude an der Panke war eine Wassermühle.
Sie wurde 1714 erbaut.
Drum herum waren nur Wald und Wiesen!
Die Mühle wurde mit der Industrialisierung 1890 still-gelegt, und das Mühlrad entfernt.
Man kann heute an der Außenmauer der Mühle noch sehen, wo das Mühlrad einmal saß.
1981 wurde das Mühlen-gebäude vom Architektur-büro Planer in der Pankemühle restauriert, das heute noch dort sitzt
Nun befand sich bei der Mühle eine Quelle, die bereits seit 1748 bekannt war.
Drei Jahre später wurde ihre Qualität als eisenhaltige Heilquelle nachgewiesen.
Wenn man die Travemünder Straße noch ein Stückchen weiter runter geht, dann kommt man zum ehemaligen Heilbad, wo heute die Bibliothek am Luisenbad ist, mit der Adresse Badstr. 39.
Heilbad
Friedrich der Große hatte einen Hofapotheker
- Dr. Heinrich Wilhelm Behm.
1757 gewährte der König seinem Hofapotheker
Dr. Behm das Privileg, hier ein Heilbad einzurichten und zu betreiben.
1760 wurde das Heilbad unter dem Namen „Friedrichs-Gesundbrunnen“ eröffnet.
Die fertige Anlage bot Platz für 40 Kurgäste. Hier sehen wir in der Mitte das Brunnenhaus. Dort sind die Kurgäste hingegangen, um das Heilwasser zu trinken.
Friedrich der Große hat das Heilbad auch selbst besucht.
Die ursprüngliche Anlage des Heilbads sollte nach Behms Vorstellungen mit einem riesigen Kurpark ausgestattet werden. Doch Friedrich der Große drehte Behm schließlich den Geldhahn zu, weil ihm das Ganze zu teuer wurde.
Seine Beamten wurden beauftragt: „den Supplikanten mit seinem unstatthaften Gesuch abzuweisen, wobey er sich beruhigen, und uns mit unnützen Praetensionen nicht weiter behelligen muß.“ Klare Worte von Seiten des Königs!
1809 hat man das Heilbad zu Ehren der Königin Luise in „Luisenbad“ umbenannt.
1885 kaufte der Baumeister Carl Galuschki die Anlage.
Zu diesem Zeitpunkt war sie jedoch kein Heilbad mehr, sondern ein beliebtes Ausflugsziel mit Biergarten,
Kegelbahn und Theatersaal.
Das Brunnenhaus hat Galuschki in den Biergarten versetzen lassen, weil er an der Ecke zur Badstraße das sog. Luisenhaus errichtet hat.
Diese Neo-Renaissance-Fassade aus dem Jahr 1888 stammt von Galuschki.
Das Nebengebäude mit der Inschrift „Kafeküche“ hat er 1905 angebaut.
Hier konnten Familien Wasser für ihren mitgebrachten Ausflugs-Kaffee heißmachen.
Als 1908 die Travemünder Straße hier angelegt wurde, war das Brunnenhaus wieder im Weg.
Dieses Mal wurde es endgültig abgerissen.
Zum Gedenken an das abgerissene Brunnenhaus hatte Galuschki dieses Relief an der Fassade des Luisenhauses, dem Eckhaus zur Badstraße, anbringen lassen.
Auf dem Brunnenhaus stand die lateinische Inschrift „In Fonte Salus – Im Brunnen die Gesundheit“.
Die Heilquelle war bereits spätestens 1880 versiegt, denn ihre Wasserader war bei Kanalbauarbeiten in der Badstraße angestochen worden.
Das war das Ende der Gesundbrunnen-Quelle.
Heute befindet sich in den Resten des ehemaligen Heilbads die Bibliothek am Luisenbad.
Gegenüber auf der anderen Seite der Panke sieht man die Reste der Tresorfabrik Arnheim.
Tresorfabrik Arnheim
Der Schlosser Siegmund Joel Arnheim hatte 1833 in der Rosenthaler Straße die erste Werkstatt zum Bau feuerfester Kassen- und Panzerschränke gegründet.
Sohn Carl Arnheim führte den Betrieb bis zu seinem Tod 1905 weiter.
Arnheim war die erste Tresorfabrik überhaupt in Deutschland!
1890 hatte Carl Arnheim ein riesiges Grundstück entlang der Panke gekauft, das sich heute noch von der Osloer Str. 102 bis zur Badstraße 40 nachvollziehen lässt.
Diese Shedhallen gehörten ebenfalls zur Tresorfabrik Arnheim.
Sie wurden 1897 fertig gestellt, stehen unter Denkmalschutz und sind das einzige, was von der riesigen Fabrikanlage noch übrig geblieben ist.
Heute ist hier die Bildhauer-Werkstatt bbk Berlin e.V. untergebracht.
In der Weltwirtschaftskrise 1929 geriet auch die Tresorfabrik Arnheim in Schwierigkeiten.
1938 wurde der Betrieb zwangsarisiert, d.h. an nichtjüdische Besitzer verkauft.
Carl Arnheims Witwe Dorothea Arnheim wurde 1942 im KZ Theresienstadt ermordet.
Ihre beiden Söhne waren bereits zuvor nach Riga deportiert und dort ermordet worden.
Mietshaus der Tresorfabrik Arnheim
Dieses Haus wurde 1893 als Wohnhaus für die Angestellten der Tresorfabrik Arnheim fertiggestellt.
Hier lebte von 1931 bis 1933 Dr. Georg Benjamin.
Der Bruder des Philosophen Walter Benjamin, war Arzt und Abgeordneter der Bezirks-verordnetenversammlung im Bezirk Wedding für die KPD.
Er arbeitete bis 1931 zuerst als Säuglings-fürsorgearzt und später als amtlicher Kinder- und Schularzt für den Bezirk Wedding.
Danach hatte er in der Badstraße 16 eine eigene Arztpraxis, bis er 1933 wegen seiner Mitglied-schaft in der KPD Berufsverbot bekam.
Außerdem hat er Vorträge über die Verbesserung der hygienischen Zustände in den Mietshäusern der Arbeiterschaft gehalten.
Und er arbeitete in der Leitung der illegalen KPD in Deutschland.
Nach einer sog. Schutzhaft 1933 im KZ Sonneburg wurde Benjamin 1936 wegen Hochverrat zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Anschließend wurde er ins KZ Mauthausen verschleppt, wo er im August 1942 kurze Zeit nach seiner Einlieferung ermordet wurde.
Diese Gedenktafel ist leider nicht so recht öffentlich zugänglich, da sie sich im Hausdurchgang des Gebäudes Badstr. 40 befindet. Wenn man klingelt, hat man eventuell Glück, kommt rein und kann sich die Gedenktafel in natura anschauen.
Georg und Walter Benjamin stammten – wie viele Intellektuelle – ebenfalls aus einer jüdischen Familie.
Straßenbahn-Depot
Eines der ersten öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin war die Pferdebahn.
Das war eine Straßenbahn, die auf Schienen fuhr, jedoch von Pferden gezogen wurde.
1873 wurde die Pferdebahnlinie vom Rosentaler Tor bis zur Badstraße im Stadtteil Gesundbrunnen eröffnet. Die Fahrt dauerte 25 Minuten und kostete zuerst 25 Pfennige – für die einfachen Arbeiter dennoch zu teuer.
1887 wurde die Strecke bis zum Marheincke-Platz in Kreuzberg verlängert.
So konnte man vom Gesundbrunnen bis nach Kreuzberg mit der Pferdebahn fahren!
Bereits 1873 hat die Große Berliner Pferde-Eisenbahn Actien-Gesellschaft hier in der Badstraße ein Depot mit Werkstatt für Pferdebahnen errichtet.
1928 errichtete Jean Krämer im Auftrag des neuen stadteigenen Verkehrsbetriebs
„Große Berliner Straßenbahn“, einem Vorgängerbetrieb der BVG, hier eine moderne Straßenbahn-Werkstatt. Von der BVG wurden die Gebäude dann als Depot und Werkstatt für Busse genutzt.
Die Gebäude sind denkmalgeschützt und werden heute vom Tanztheater Uferstudios genutzt.
Viel Spaß noch beim Panke Parcours 2020!